#078 Dicht am Rande des Geschehens Teil 1

Shownotes

In der 78. Folge von "Fünfzehn Minuten über den Fünfzehnten" spricht Brigitte Neichl in einem fiktiven Interview mit dem österreichischen SPÖ-Politiker und Staatsmann Adolf Schärf, der von 1957 bis zu seinem Tod 1965 Bundespräsident der Republik Österreich war. Er war der dritte Bundespräsident der 1945 errichteten und 1955 souverän gewordenen Zweiten Republik. An deren Aufbau hatte er maßgeblichen Anteil. Er war auch der erste Bundespräsident, der nach einer sechsjährigen Amtsperiode wiedergewählt wurde. Und Adolf Schärf hat auch einige Bezüge zum 15. Bezirk.

Den 2. Teil des fiktiven Interviews können Sie in Folge 79 hören.

Mit dabei ist auch Grätzelkorrespondentin Karin Elise Sturm "Southy", die diesmal an einer "Silent Walking Disco" teilnimmt und auch mit dem Organisator und Erfinder des Events Oliver Hangl spricht.

Co-Moderatorin dieser Folge ist dieser Folge ist Birgit Dhibi.

Skript (außer Grätzelkorrespondenzen): Brigitte Neichl

Die Interviewpassagen folgen im Wesentlichen der Autobiografie von Adolf Schärf aus dem Jahr 1963 "Erinnerungen aus meinem Leben", Verlag der Wiener Volksbuchhandlung.

Adolf Schärf wird von Museumsmitarbeiter Michael Kohl dargestellt.

Weitere Inhalte:

  • Was tut sich im Bezirksmuseum?
  • Nächste Veranstaltungen
  • Ausblick auf die nächste Folge

Im Blogartikel zur Podcast-Folge finden Sie ein Transkript dieser Folge, viele weitere Informationen und Links.

Wenn Sie Fragen, Anregungen und/oder Ideen für den Podcast haben, interessante Menschen aus dem 15. Bezirk kennen oder selbst etwas zu erzählen haben, melden Sie sich unter podcast@bm15.at

Hier erfahren Sie mehr über Ziele und Inhalte von "Fünfzehn Minuten über den Fünfzehnten"

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Silent Walking Disco

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Intro/Outro (Musik & Stimme)

Nigora Makhmudova

Michael Stark

Transkript anzeigen

00:00:00: Intro

00:00:19: Intro

00:00:22: Intro

00:00:26: Intro

00:00:36: Hallo Birgit! Wie geht es dir?

00:00:38: Du meinst, bis auf die Hitze und mein lädiertes Bein?

00:00:42: Ja, so in etwa.

00:00:44: Ja, abgesehen von diesen beiden Handicaps geht's mir gut.

00:00:47: Und ich freue mich, wieder bei der Moderation dabei zu sein.

00:00:51: Ja, ich freue mich auch.

00:00:53: Und für den Bein wünsche ich Dir alles Gute,

00:00:56: und dass Du bald wieder wie eine Gazelle durchs Leben hüpfen kannst.

00:01:00: Danke. Aber mir würde es schon reichen, wenn ich wieder halbwegs normal gehen kann.

00:01:06: Aber das wird schon werden.

00:01:09: Sag, mit wem hast Du denn diesmal gesprochen?

00:01:12: Ich hab da so in Erinnerung, dass es ein fiktives Interview ist.

00:01:17: Also ein Gespräch mit einer Person, die schon verstorben ist.

00:01:21: Ja, so ist es.

00:01:23: Ich habe mit dem ehemaligen Bundespräsidenten Adolf Schärf gesprochen,

00:01:27: der ja auch Bezüge zum 15. Bezirk hat.

00:01:31: Ah, da bin ich ja schon sehr gespannt.

00:01:33: Und wer hat Adolf Schärf dargestellt?

00:01:36: Unser Kollege Michael Kohl ist in dessen Rolle geschlüpft.

00:01:40: Na, dann legen wir doch gleich los mit dem Interview.

00:01:43: Natürlich, liebe Birgit.

00:01:45: Zuerst begrüße ich noch, wie üblich, unsere Hörerinnen und Hörer.

00:01:49: Hallo und herzlich willkommen zur 78. Folge von 2x Fünfzehn Minuten über den Fünfzehnten

00:01:56: Mein Name ist Brigitte Neichl.

00:01:58: Unterstützt werde ich von meiner Kollegin Birgit Dhibi.

00:02:02: Warum wir inzwischen bei 2x15 Minuten gelandet sind,

00:02:06: erfahren Sie übrigens in Folge 47.

00:02:10: Den Link finden Sie in den Shownotes.

00:02:13: Im Folgenden bleiben wir aber einfachheitshalber bei der gewohnten Bezeichnung

00:02:18: Fünfzehn Minuten über den Fünfzehnten.

00:02:21: Dieser Podcast wird Ihnen präsentiert vom Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus,

00:02:26: dem Veranstaltungsmuseum im Herzen des 15. Bezirks.

00:02:31: Das Museum bietet Ausstellungen, Veranstaltungen und Events für Erwachsene und Kinder.

00:02:37: Und diesen Podcast.

00:02:39: Mehr dazu finden Sie auf www.museum15.at.

00:02:44: Und jetzt ...  ... geht's los.

00:02:46: Ich spreche heute mit einem österreichischen SPÖ-Politiker und Staatsmann,

00:02:52: der von 1957 bis zu seinem Tod 1965 Bundespräsident der Republik Österreich war.

00:03:00: Er war der dritte Bundespräsident der 1945 errichteten

00:03:05: und 1955 souverän gewordenen 2. Republik.

00:03:10: An deren Aufbau hatte er einen maßgeblichen Anteil.

00:03:14: Er war auch der erste Bundespräsident, der nach einer 6-jährigen Amtsperiode wiedergewählt wurde.

00:03:20: Sein Name ist Adolf Schärf.

00:03:23: Und er hat auch Bezüge zum 15. Bezirk.

00:03:27: Geboren wurde Adolf Schärf vom 20. April 1890 in Nikolsburg in Südmähren

00:03:33: als jüngstes Kind einer Arbeiterfamilie.

00:03:36: Sein Vater Josef Schärf, geboren 1849, war ein gelernter Stockdrechsler aus Wien

00:03:43: mit deutsch-bömischen Vorfahren.

00:03:46: Seine Mutter Magdalena Sitek, geboren 1851,

00:03:51: war eine Bauerntochter aus dem deutsch-kroatischen Dorf Gutenfeld.

00:03:56: Um 1880 zog die Familie mit ihren beiden Kindern nach Nikolsburg,

00:04:01: wo Schärfs Eltern in Heimarbeit jene hohlen Glasperlen herstellten,

00:04:06: die lange Zeit ein gefragter Artikel für den Export nach Afrika und Asien waren.

00:04:13: Durch diesen Beruf gelangten sie zu einem gewissen Wohlstand

00:04:17: und konnten so das Haus, in dem sie wohnten, kaufen.

00:04:21: In Nikolsburg kamen dann Adolf Schärfs Geschwister Karoline, Johann

00:04:26: und schließlich 1890 er selbst, zur Welt.

00:04:30: Ab März 1899 lebte er in Wien, wo seine Eltern eine Anstellung

00:04:35: als Glasperlenbläser gefunden hatten.

00:04:38: Adolf Schärfs besuchte ab 1901 das Gymnasium in Hernals.

00:04:43: Anschließend studierte er an der Universität Wien.

00:04:47: Vier Wochen vor Beginn des Ersten Weltkriegs

00:04:50: promovierte er zum Doktor der Rechtswissenschaften.

00:04:54: Im selben Jahr trat er als Freiwilliger in die österreichisch-ungarische Armee ein.

00:04:59: 1915 heiratete er die Steirerin Hilda Hammer.

00:05:05: Sehr geehrter Herr Bundespräsident, vielen Dank, dass ich heute mit Ihnen sprechen darf.

00:05:11: In einem, wie soll ich es sagen, ganz besonderen Interview.

00:05:16: Besonders, weil Sie ja...

00:05:19:  ... bereit verstorben sind.

00:05:21: Ja, das wollte ich sagen.

00:05:23: Ja, auch für mich ist das sehr ungewöhnlich.

00:05:27: Ein solches Gespräch hatte ich noch nie.

00:05:31: Was möchten Sie denn wissen?

00:05:33: Und bitte, nennen Sie mich einfach Herr Schärf.

00:05:37: Bundespräsident bin ich ja keiner mehr.

00:05:40: Und da, wo ich jetzt bin, sind solche Titel nicht mehr wichtig.

00:05:45: Wie Sie wünschen.

00:05:47: Wenn es Ihnen recht ist, würde ich gern über Ihre Kindheit und Jugend

00:05:52: und Ihre Zeit im 15. Bezirk sprechen.

00:05:55: Und vielleicht auch noch über Ihre Rolle in der 1. Republik

00:05:59: und am Beginn der 2. Republik.

00:06:01: Ja, gern. Darüber habe ich mich schon seit Ewigkeiten mit niemandem mehr unterhalten.

00:06:09: Darf ich beginnen?

00:06:11: Nur zu.

00:06:13: Sie sind ja in Nikolsburg geboren und bis zu ihrem 9. Lebensjahr dort aufgewachsen.

00:06:19: Welche Erinnerungen haben Sie noch daran?

00:06:22: Mein Leben war das eines Kindes der Kleinstadt.

00:06:27: Mit meinen Schulkollegen machte ich Ausflüge oder Spaziergänge

00:06:32: auf die Berge der Umgebung und bis zu dem weiter im Osten hier gelegenen See,

00:06:38: der den Namen "Nimmersatt" trug.

00:06:42: Warum übersiedelte Ihre Familie dann 1899 nach Wien?

00:06:47: Der Grund waren Schwierigkeiten im geschäftlichen Verkehr mit dem Abnehmer der Glasperlen.

00:06:55: Außerdem studierte mein Bruder Josef bereits in Wien.

00:07:00: Johann hatte dort einen Lehrplatz.

00:07:03: Meine Schwester Fanny hatte einen Posten als Dienstmädchen.

00:07:08: So entstand in der Familie der Gedanke, wieder nach Wien zurückzukehren

00:07:15: und musste dort von Neuem beginnen.

00:07:18: Mein Vater war bereits vorgefahren und hatte eine Wohnung im zweiten Stock des Hauses

00:07:26: Herbststraße 28 in Ottakring gemietet.

00:07:31: Und wie war Ihre Volksschulzeit?

00:07:34: Ich wurde in Wien in der Volksschule in der Liebhartsgasse eingeschrieben.

00:07:40: Sie bot mir manche unangenehme Überraschung.

00:07:44: Die Ton des Lehrers war nicht so freundlich, wie ich ihn in der früheren Schule gewohnt war.

00:07:51: Es gab weniger Schulbücher für die verschiedenen Fächer, als wir in Nikolsburg gehabt hatte.

00:07:59: Für die vierte und fünfte Klasse wurde ich in der Schule in die Schinaglgasse eingeschult.

00:08:06: Die Klassen waren überfüllt.

00:08:09: Es saßen 60 bis 65 Buben darin.

00:08:13: Mir gefiel die Wiener Schule nicht.

00:08:15: Ich war aber ebenso wie in Nikolsburg ein guter Schüler.

00:08:20: Wie sah es in der Gegend, in der Sie wohnten, zu dieser Zeit aus?

00:08:25: Die Wohnung wie auch die Schule, die ich besuchte, lag sozusagen am Rande der Schmelz,

00:08:33: die damals der ganzen Ausdehnung nach militärischer Exerzierplatz war, auf dem

00:08:40: die Schulkinder der angrenzenden Bezirke, also aus Neulerchenfeld-Ottakring,

00:08:47: aus Fünfhaus, Rudolfsheim und aus Breitensee, nach Herzenslust herumtollen konnten.

00:08:55: Hatten Sie damals das Gefühl, arm zu sein?

00:08:58: Ich hatte nicht das Gefühl, in Dürftigkeit zu leben

00:09:03: und wir galten in unserer Umgebung nicht als arm.

00:09:07: Alle Kinder, die ich kannte, lebten ähnlich oder noch bescheidener.

00:09:13: Wie haben Sie Ihre freie Zeit verbracht?

00:09:17: Ich machte mit meinen Schulkollegen zu Fuß manchmal weite Ausflüge in den Wienerwald.

00:09:24: Einmal sogar zur Ruine Greifenstein, wobei jeder von uns zur Verpflegung von zu Hause

00:09:32: zwei Schusterlaibchen und eine Safaladi, das war eine Knackwurst, mitbekommen hatte.

00:09:39: Manchmal marschierten wir von der Schmelz bis zur großen Donau,

00:09:44: um dort im Freibad in der Nähe der Reichsbrücke ins Wasser zu kommen.

00:09:50: Ich führte das Leben, das damals viele tausend Kinder in Ottakring als

00:09:55: selbstverständlich betrachteten.

00:09:58: Mit elf Jahren bestanden Sie die Aufnahmeprüfung

00:10:01: im 1872 gegründeten humanistischen Gymnasium in der Kalvarienbergasse,

00:10:07: das ab 1936/37 in die Geblergasse 56 übersiedelte.

00:10:14: Sie waren ein guter Schüler,

00:10:16: erhielten in den ersten Jahren auch Unterstützung durch Ihren Bruder Josef.

00:10:21: Ja, Josef brachte mir so manches bei,

00:10:25: dass im späteren Leben für mich viel bedeutete.

00:10:29: Ich erlernte die Gabelsberger Stenographie schon als kleiner Bub recht gründlich.

00:10:35: Ihre Kenntnis war nicht nur in der Mittel- und auf der Hochschule,

00:10:40: sondern auch im späteren Leben eine große Erleichterung für mich.

00:10:46: Er brachte mir die Grundbegriffe der englischen Sprache bei.

00:10:51: Ja, er unterwies mich sogar in der Grammatik des Hebräischen.

00:10:57: Und auch in die Welt der Politik hat Sie Ihr Bruder eingeführt.

00:11:01: Bei seinen häufigen Besuchen der elterlichen Wohnung hörte ich mit Spannung zu,

00:11:07: wenn er mit meinem Vater in Gegenwart aller Familienangehörigen,

00:11:12: Fragen der Politik und der Weltanschauung diskutierte.

00:11:17: Ich habe dabei viel für mein späteres Leben, für mein Lebensbild gewonnen.

00:11:24: Ab 1905 bekam auch die neu gegründete Volkshochschule, das Volksheim Ottakring,

00:11:32: am damaligen Koflerplatz

00:11:34: (der hieß von 1925 bis 1938 und dann wieder ab 1945 Ludo Hartmann-Platz).

00:11:43: Und der bekam eine große Bedeutung für Sie.

00:11:46: Außer der Volkshochschule gab es dort auch eine reichhaltige Leihbibliothek des Volksbildungsvereines.

00:11:54: Beide Einrichtungen besaßen für mich großen Wert.

00:11:59: In der Bibliothek entlehnte ich gegen geringe Beträge neben deutschen Werken

00:12:06: auch Übersetzungen von Werken der Literatur vieler Völker,

00:12:10: von Firdusi bis zu Dante, von französischen und spanischen Klassikern bis zu Shakespeare.

00:12:18: Ich entlehnte aber auch wissenschaftliche Bücher mancher Art,

00:12:23: vor allem über Geschichte, Völkerkunde, Geografie.

00:12:28: Im Volksheim selbst konnte ich in Kursen aus dem Munde bekannter Hochschullehrer

00:12:34: und anderer Gelehrter das Neueste und Interessanteste über Volkswirtschaft, Geschichte, Kunst,

00:12:42: Kunstgeschichte und über alte und neue Literatur hören.

00:12:48: Sie waren ja schon früh politisch interessiert und verfolgten Fragen der Tagespolitik.

00:12:54: 1907 wurde das allgemeine Wahlrecht für Männer eingeführt.

00:12:59: Sie traten im selben Jahr der im Volksheim-Gebäude befindlichen Ortsgruppe der "Jugendlichen Arbeiter" bei,

00:13:06: in der Sie später auch zum Bibliothekar gewählt wurden.

00:13:10: Und Sie gehörten zu den Gründern einer - illegalen - sozialistischen Mittelschülervereinigung.

00:13:17: Dadurch kamen Sie mit Spitzenpersönlichkeiten der sozialistischen Partei in Berührung.

00:13:23: Welche Personen waren das?

00:13:25: Damals traten Männer wie Victor Adler, Karl Renner, Karl Seitz, Otto Bauer und Leo Trotzky unmittelbar in unser Leben.

00:13:36: Als ich im Juli 1909 die Matura ablegte, stand ich schon dicht am Rande

00:13:44: des Geschehens in der sozialdemokratischen Partei.

00:13:47: Nach der Matura begannen Sie mit dem Studium der Rechtswissenschaft.

00:13:52: Wie haben Sie Ihr Studium finanziert?

00:13:55: Ich habe bereits von meinem 16. Lebensjahr an, bis in meine Hochschulzeit durch Nachhilfeunterricht

00:14:04: wesentlich zu den Kosten meines Unterhalts beigetragen.

00:14:08: Auch die Studienkosten bestritt ich selbst.

00:14:12: Anfang 1911 eröffnete mein Bruder Josef seine Advokaturkanzlei in der Herbststraße und stellte mich dort an.

00:14:24: 1911 verlobten Sie sich - heimlich - mit Hilda Hammer, die Sie in Unterrohr bei Hartberg kennengelernt hatten.

00:14:33: Die strebsame junge Frau arbeitete in Wien als Telefonistin bei der Arbeiterunfallversicherungsanstalt,

00:14:41: besuchte Französisch-Sprachkurse und volkstümliche Universitätskurse.

00:14:46: Bei ihrer Arbeit lernte sie auch Otto Glöckel kennen, der ebenfalls bei der Arbeiterunfallversicherungsanstalt beschäftigt war.

00:14:54: Als ich damals Unterrohr verließ, war in meinem Herzen bereits eine Entscheidung gefallen.

00:15:02: Hilda sollte mir die Gefährtin für das Leben werden.

00:15:07: Am 22. April 1911 an ihrem 25. Geburtstag gaben wir einander bei einem Spaziergang das Wort fürs Leben.

00:15:19: Und ja, die Bekanntschaft, ja die Freundschaft mit Glöckel wurde zu einem großen Erlebnis und hat unser beider Leben entscheidend beeinflusst.

00:15:32: Am 6. Juli 1914 haben Sie an der Universität Wien zum Doktor der Rechte promoviert.

00:15:39: Nur wenige Wochen später brach der Erste Weltkrieg aus.

00:15:44: Sie meldeten sich als Kriegsfreiwilliger, weil dies zur Auswahl des Truppenkörpers berechtigte.

00:15:51: Sie wollten bei einem Wiener Regiment bleiben, und zwar bei den Deutschmeistern.

00:15:56: 1915 kamen Sie dann mit dem zweiten bosnisch-herzegowinischen Infanterie-Regiment nach Graz.

00:16:04: Im selben Jahr heirateten Hilda und Sie, was nicht ganz einfach war, weil sie auf eine kirchliche Trauung verzichteten und nur eine Zivilehe schlossen.

00:16:15: Hildas Trauzeuge und sie verspäteten sich um etwa eineinhalb Stunden,

00:16:22: weil dieser von seinem Amt nicht rechtzeitig los kam.

00:16:26: Aber ich wartete an jedem 2. Oktober 1915 im Wiener Rathaus und ich habe es nie bereut.

00:16:35: Sie mussten dann doch an die Front, wurden 1916 verletzt und in ein Reservespital in Innsbruck gebracht,

00:16:43: dann durch Bemühungen Ihrer Frau und der Hilfe Otto Glöckels über Wien nach Bad Ischl geschickt.

00:16:50: Im November waren Sie dann am Isonzo stationiert, inzwischen zum Leutnant befördert.

00:16:57: Die Lebensmittelversorgung in Wien war sehr schlecht.

00:17:01: Ihre Frau, inzwischen schwanger, schrieb beispielsweise: "In der Früh habe ich mich um Brot angestellt, fror über eine Stunde und konnte doch nichts erwischen."

00:17:13: Am 17. April 1917 kam ihre gemeinsame Tochter Martha zur Welt.

00:17:20: Sie hatten einige Tage Urlaub bekommen, um nach Wien zu fahren.

00:17:24: Im Mai 1917 erwarben Ihre Eltern einen Kleingarten auf der Schmelz, um etwas Gemüse und Kartoffeln anbauen zu können.

00:17:33: Im September 1918 erhielten Sie einen dreimonatigen Studienurlaub. Wozu diente dieser?

00:17:41: Der Hauptzweck dieses Urlaubs war der, neben dem Studium drei Monate der Gerichtspraxis zu absolvieren, die für den Eintritt in den Anwaltsberuf vorgeschrieben war.

00:17:55: Am ersten Tag meines Wiener Aufenthaltes meldete ich mich beim Landesgericht Wien, dem ich vom Oberlandesgericht zugewiesen worden war.

00:18:06: Ich wurde dem damals noch bestehenden Bezirksgericht Rudolfsheim als Rechtspraktikant zugewiesen.

00:18:14: Ich wohnte mit Hilda und Martha in der Aufhofstraße. Sie fuhr in der Früh in ihr Büro im 20. Bezirk,

00:18:23: ich in das Bezirksgericht in der Ullmannstraße, wo ich als Schriftführer Dienst machte.

00:18:30: Und Hilda erwartete ein zweites Kind.

00:18:35: Am 3. November 1918 schlossen Österreich-Ungarn und die Entente Waffenstillstand.

00:18:43: Am 11. November folgte das Waffenstillstandsabkommen bei Compiègne zwischen Deutschland, Frankreich und Großbritannien.

00:18:52: Damit endeten die Kampfhandlungen des Ersten Weltkriegs.

00:18:56: In Deutschland wurde die Republik ausgerufen, Kaiser Karl unterzeichnete in Schönbrunn eine Verzichtserklärung.

00:19:03: Österreich-Ungarn zerfiel.

00:19:06: Die Nationalitäten der Monarchie bildeten eigene Staaten oder schlossen sich anderen Nationalstaaten an.

00:19:14: Die verbleibenden deutschsprachigen Gebiete der Monarchie gründeten die Republik Deutsch-Österreich.

00:19:22: Bereits am 24. Oktober kontaktierte sie Otto Glöckel und hatte einen Vorschlag für Sie.

00:19:29: Glöckel eröffnete mir, das Ende des Krieges sei zu erwarten.

00:19:34: Die Monarchie sei im Zusammenbruch.

00:19:37: Es gelte nun, aus den Trümmern des alten Staates etwas Neues aufzubauen.

00:19:43: Karl Seitz habe dabei eine große Rolle zu spielen.

00:19:48: Er sei aber so überlastet, dass man ihm zur Erleichterung seiner Arbeit einen Sekretär beigeben müsse.

00:19:56: Ob mir das gefalle?

00:19:58: Ich sagte "ja" und wurde darauf sofort zu Seitz geführt.

00:20:03: Das hat er sehr gut gemacht, unser Michael.

00:20:07: Aber sag, der 15. Bezirk ist da noch nicht wirklich vorgekommen.

00:20:13: Gut erkannt, liebe Birgit, das liegt daran, dass das gesamte Gespräch 40 Minuten gedauert hat

00:20:20: und wir daher nicht alles in dieser Folge unterbringen konnten.

00:20:24: Teil zwei - und da wir das Einiges an Rudolfsheim-Fünfhaus-Bezügen geben -

00:20:30: kommt in einer Woche und zwar am 23.8. raus.

00:20:35: Ah ja, danke für den Hinweis.

00:20:37: Was man aber schon mitbekommen hat, dass Adolf Schärf tatsächlich immer "dicht am Rande des Geschehens" war.

00:20:46: Stimmt. Und das wird sich auch im zweiten Teil des Interviews noch viel deutlicher zeigen.

00:20:51: Und jetzt ist wieder unsere Grätzelkorrespondentin Karin Elise Sturm,

00:20:56: Southy, dran, stimmts?

00:20:58: Korrekt. Karin ist diesmal bei einer sehr ungewöhnlichen Veranstaltung dabei,

00:21:04: nämlich bei einer Silent Walking Disco.

00:21:08: Was ist das genau, liebe Karin?

00:21:10: Und wo hat Dich Deine Grätzelkorrespondentinnen-Tätigkeit hingeführt?

00:21:15: Hallo, liebe Hörerinnen und Hörer, hallo Brigitte und Birgit!

00:21:19: Heute berichte ich von einem Ausflug in den Norden des Bezirks.

00:21:22: Ich hatte die Gelegenheit, an einer sehr coolen Veranstaltung teilzunehmen.

00:21:27: Das hat mich angelockt, obwohl ich ja eigentlich die Grätzelkorrespondentin Süd bin

00:21:32: und normal aus dem Reindorf-Grätzel und dem Süden vom 15. Bezirk berichte.

00:21:37: Was war denn nun so spannend, dass es mich über die Bahn verschlagen hat?

00:21:41: Der Wiener Künstler Oliver Hangl organisiert nicht nur Kunstveranstaltungen in seinem Projektraum K48,

00:21:48: sondern er macht auch Guerilla-Walks, Silent Walking Concerts, Silent Gehsteig-Discos

00:21:54: sowie Silent Boots- und Baulückenkonzerte.

00:21:57: Nun hat er eine neue Marke erfunden, die Silent Walking Discos.

00:22:02: Was das genau ist, das hat er mir erzählt.

00:22:05: Auf einer Disco im Gehen. Jetzt gehen wir durch den 15. Bezirk,

00:22:09: wir sind jetzt gerade an der Ecke Johnstraße Hüttldorfer Straße,

00:22:13: Eingang Meiselmarkt, die Leute schauen alle ganz erstaunt.

00:22:17: Wie oft hast Du das schon gemacht, das ist eine neue Marke bei Dir.

00:22:21: Die Gehsteig-Discos gibt es seit der Jahrtausendwende, das ist ein statische Disco,

00:22:25: Kopfhörer-Disco im öffentlichen Raum.

00:22:28: Vor zwei Jahren dachte ich mir, wir machen Konzerte im Gehen,

00:22:33: machen wir doch auch eine Disco im Gehen.

00:22:35: Es gibt es aber ganz selten, das ist das vierte Mal vielleicht,

00:22:40: dass wir das machen. Und es ist immer sehr sportlich.

00:22:43: Sportlich, das kann ich mir vorstellen. Wir lassen uns treiben,

00:22:45: also wir haben eine vage Idee, aber wo wir landen, wissen wir nicht.

00:22:50: Wieso starten wir im 15. Bezirk?

00:22:53: Das Projekt ist gefördert vom 15. von der Bezirksvorstehung und Kulturkommission 15. Bezirk.

00:22:59: Herzlichen Dank.

00:23:01: Deswegen bleiben wir auch im 15.

00:23:04: Das wäre groß genug und viel größer als wir Zeit haben.

00:23:08: Ich habe die gehende Disco natürlich begleitet.

00:23:11: Und wie das war und was ich dabei erlebt habe,

00:23:14: können Sie in meiner Grätzelkorrespondenz

00:23:16: im YouTube-Kanal des Bezirksmuseums,

00:23:19: dem BM15-Channel, in voller Länge hören.

00:23:23: Die Website des Oliver Hangl finden Sie unter www.oliverhangl.com.

00:23:29: Dort finden Sie unter den News alle laufenden und zukünftigen Veranstaltungen,

00:23:34: die ich Ihnen sehr ans Herz lege, weil Sie so viel Spaß machen.

00:23:38: Damit verabschiede ich mich für heute und gebe zurück in das Fünfzehn Minuten

00:23:42: über den Fünfzehnten-Studio.

00:23:44: Sehr interessant! Das war ganz neu für mich.

00:23:47: Danke, liebe Karin und Baba!

00:23:50: Pfiat di!

00:23:51: Silent Walking Disco.

00:23:53: Das kannte ich bis jetzt auch noch nicht.

00:23:55: Die Langfassung auf unserem YouTube-Kanal

00:23:58: werde ich mir sicher auch anhören.

00:24:00: Silent, also leise geht es für uns im August aber sicher nicht zu.

00:24:05: Stimmt's, liebe Birgit?

00:24:07: Nein, und das ist auch gut so.

00:24:09: Am Freitag, dem 30.8. wird ab 19.30 K.Wiena bei uns im Museum

00:24:16: in der Rosinagasse 4 aufspielen.

00:24:19: Er war ja bereits bei der letzten open mic night im April vertreten

00:24:24: und wird Mundartmusik für Gesellschaftskritiker:innen präsentieren,

00:24:29: die sich abseits der Rebellion auch an melodischem Folk, Rock, Pop

00:24:34: mit viel Gitarre erfreuen können.

00:24:36: Anmelden können Sie sich auf unserer Webseite

00:24:39: unter "Veranstaltungen".

00:24:41: Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

00:24:44: Ich hoffe, dass ich fußtechnisch schon wieder dabei sein kann.

00:24:48: Ansonsten werde ich mir das Event in der Aufzeichnung

00:24:51: auf unserem YouTube-Kanal ansehen.

00:24:54: Ja Brigitte, jetzt bleibt nur noch, wie gewohnt, eine Frage offen.

00:25:00: Was gibt es in der nächsten Folge von Fünfzehn Minuten über den Fünfzehnten

00:25:04: für unsere Hörerinnen und Hörer, liebe Brigitte?

00:25:08: Ja, die nächste Folge ist, wie bereits erwähnt,

00:25:11: das zweite Teil des fiktiven Interviews mit Adolf Schärf.

00:25:15: In der Septemberfolge spreche ich mit dem Bezirksamtsleiter

00:25:19: für den 15. und den 16. Bezirk Dominik Haider.

00:25:23: Er wird uns erzählen, welche Aufgaben ein Bezirksamtsleiter hat

00:25:27: und was es Neues in den beiden Amtshäusern geben wird.

00:25:31: Ja, das interessiert mich sehr.

00:25:33: Ich freue mich schon auf diese Folge.

00:25:36: Ich bin auch schon gespannt.

00:25:38: Liebe Birgit, wir kommen wieder zum Ende dieser Folge.

00:25:42: Vielen Dank für Deine Unterstützung!

00:25:44: Es war mir, wie immer, ein Ehrenamt, liebe Brigitte.

00:25:48: Tschüss und Ciao.

00:25:50: Baba Birgit und bis demnächst.

00:25:53: Ja, liebe Hörerin, liebe Hörer,

00:25:56: Rudolfsheim-Fünfhaus hat viel zu bieten,

00:25:59: machen wir was draus - gemeinsam.

00:26:02: Wenn Sie Ihr Wissen über die Geschichte des 15. Bezirks erweitern möchten,

00:26:06: wenn Sie kulturelle und gesellschaftspolitische Themen schätzen,

00:26:10: wenn Sie gespannt auf interessante Menschen und Themen

00:26:14: aus Vergangenheit und Gegenwart im 15. Bezirks sind,

00:26:17: dann sind Sie bei uns richtig.

00:26:20: Besuchen Sie unsere Ausstellungen und Veranstaltungen im Museum,

00:26:23: verfolgen Sie unsere Aktivitäten auf unserer Webseite,

00:26:27: unser Blog, unseren YouTube-Kanal

00:26:30: und auf Facebook, Instagram und Co.

00:26:33: Infos und Links finden Sie in den Shownotes.

00:26:36: Wir sind auch gespannt auf Ihre Kommentare und Anregungen.

00:26:40: Ich freue mich auf die nächsten spannenden 2x15 Minuten

00:26:45: bei Fünfzehn Minuten über den Fünfzehnten

00:26:48: und verabschiede mich mit der anregenden Musik von Nigora

00:26:52: und der berauschenden Stimme von Michael Stark.

00:26:56: Auf Wiedersehen!

00:26:58: Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Tag,

00:27:01: wann immer Sie diese Folge auch hören.

00:27:04: Ihre Brigitte Neichl.

00:27:07: Outro

00:27:13: Outro

00:27:16: Outro

00:27:21: Outro

00:27:24: Outro

00:27:27: Outro

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